Franz Kinker vom Bio-Bergbauernhof

Franz und seine Familie arbeiten dort, wo andere Urlaub machen: In Ussenburg, einem Ortsteil von Roßhaupten im Ostallgäu, hat er aus 920 Metern über dem Meeresspiegel nicht nur einen schönen Überblick auf den Forggensee und die Gegend um Schloss Neuschwanstein, sondern er und seine Frau Irmgard Kinker geben auf ihren Blogs und Social Media Kanälen Einblicke in den Alltag ihres Biobetriebes. Und Franz äußert sich auch zur Agrarpolitik.

Sie sind Bio-Bauer im schönen Allgäu, vermieten Ferienwohnungen und bloggen zu aktuellen Themen in der Landwirtschaft und was auf Ihrem Hof so passiert. Was hat sie zu dem Schritt ins Netz bewogen?

Aufgrund langanhaltender angespannter Erlössituation und infolge des Strukturwandels schließen immer mehr Bauernhöfe ihre Tore. Im Gegensatz dazu steigen die Erwartungen der Konsumenten an die verbleibenden Landwirte(innen). Sei es bei der Tierhaltung, Produktqualität, Insekten- Trinkwasser- oder Umweltschutz.
Unsere Kunden haben ein zunehmendes Interesse daran zu erfahren, wie und unter welchen Umständen ihre Lebensmittel erzeugt werden.
Durch oftmals falsche, überzogene oder einseitige Berichterstattung in den Medien entsteht ein negativ angehauchtes Bild von der Landwirtschaft. Diese Sichtweise mit positiven, authentischen Beiträgen zu korrigieren, und die Menschen damit auf unsere Höfe zu holen, das ist mein Ansporn.

Dazu zählt auch die Erkenntnis, dass wir von Verbandsseite oder politisch nicht die Unterstützung bekommen, die wir in diesem Fall bräuchten. Aus meiner Sicht sollte sich unsere wichtigste Interessenvertretung, der Bauernverband, verstärkt um kleinbäuerliche Strukturen kümmern. Das mag mühsam sein, und wir sind nicht diejenigen, die hohe Mitgliedsbeiträge in die Verbandskasse bezahlen. Wir sind aber die, die eine artenreiche, kleinstrukturierte Kulturlandschaft erhalten, das Dorfleben bereichern und Regionalität verkörpern. Wir treiben unsere Rinder auf die Almen um die Weiden dort zu pflegen, und die Landschaft so lieblich zu erhalten, wie wir sie gewohnt sind. Hier brauchen wir nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch verbandspolitischen Rückhalt, gerade was die Thematik „Wolf“ in den Alpen betrifft.

Ihr letzter Beitrag zu den Treckerdemos haben Sie auf Bauer Willis Blog veröffentlicht und den Interessensvertretern von LsV und Bauernverband empfohlen, sich neu zu strukturieren, um besser mit einer einheitlichen Marschrichtung vorzugehen. Ebenso raten Sie Ihren Berufskollegen, mehr Öffentlichkeitsarbeit im Netz selbst zu machen. Ihre Ratschläge für die Kollegen haben eine rege Diskussion hervorgerufen. Sind Sie mit den Reaktionen zufrieden?

Der Beitrag hat zu unterschiedlichen Reaktionen geführt. Die einen sehen auch keinen Sinn in weiteren Demonstrationen und zeigen Verständnis dafür, mehr in Richtung Verbraucheraufklärung zu unternehmen. Für andere wiederum ist Öffentlichkeitsarbeit vertane Zeit. Sie möchten die Kritiker mit knallharten Fakten überzeugen. Am Ende ist die Diskussion ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Auf die provokante Frage: „Hat es sich ausgetreckert?“ hatte ich eigentlich mehr konkrete Wortmeldungen erwartet.

Ihre Erwartungen an die Zukunft und den Ruf nach Einigkeit könnten wohl konventionelle wie Bio-Bauern unterschreiben. Woran hapert es, dass sich solche Erwartungen schwer erfüllen?

Eine Einigkeit unter uns Kollegen(innen) ist aufgrund der Vielseitigkeit unseres Berufsfeldes schwierig herzustellen. Ein Gemüsebauer im Gäuboden denkt und handelt ganz anders und hat völlig unterschiedliche Erwartungen als ein kleinbäuerlicher Milchviehhalter im Oberallgäu.

Hier eine gemeinsame Zielrichtung zu finden war schon immer mühsam und wird es auch bleiben. Allerdings ist meine Erwartung, dass die derzeitige Situation in der Landwirtschaft dazu führt, dass wir uns zusammenraufen. Not schweißt bekanntlich zusammen. Ganz neue Möglichkeiten bieten uns hier die Sozialen Medien. Die Kommunikation über Instagram, Facebook, WhatsApp usw. funktioniert rasend schnell und über diese Medien lassen sich gemeinsame Aktionen einfach und zielgerichtet planen. Ich habe das Gefühl, dass Unternehmen das Hosenflattern bekommen, wenn sie erfahren, dass die Blockade eines Zentrallagers angekündigt ist. Hier sehe ich eine wirkungsvolle Maßnahme um die Praktiken der Handelsketten dahingehend zu ändern, dass anständige Preise für die Lebensmittel bezahlt werden. Hier, so finde ich, hat das Treckern noch seinen Sinn.

Haben auch Bio-Bauern mit den Mühlen der Bürokratie zu kämpfen?

Die Bürokratie trifft uns Bio-Bauern genauso. Um die Anforderungen der ökologischen Landwirtschaft zu erfüllen ist der bürokratische Aufwand verständlicherweise noch größer. Dies betrachte ich aber als sinnvoll und notwendig. Der Konsument, der bewusst zum teureren Bio Produkt greift, darf ein geprüftes und zertifiziertes Lebensmittel erwarten.

Was mich derzeit zur Weißglut bringt, sind die Anforderungen der Düngeverordnung. Wir Landwirte(innen) sitzen hierfür stunden- und tagelang im Büro, verzweifeln an den Formularen, resignieren oftmals und holen uns letztendlich Hilfe beim Fachberater, der teuer bezahlt werden muss. Im Wesentlichen dient die Düngeverordnung dazu, dass leere Formulare bedruckt werden, und dass sich Landmaschinenhersteller über volle Auftragsbücher freuen. Statt uns hier das Leben schwer zu machen, hätte ich folgende einfache und praktikable Lösung parat: In Anbetracht der Bodenbeschaffenheit den GV Besatz je Hektar auf ein gewisses Maß zu beschränken, und das Berggebiet von der Schleppschlauchverpflichtung zu befreien.

Was sollte zukünftig in der Landwirtschaft mehr politische Beachtung (und ggf. Förderung) erhalten? Nach welchen Prinzipien sollte die Politik mehr ihre Arbeit ausrichten?

Von der Politik erwarte ich, dass sie uns mehr betriebliche Flexibilität erlaubt. Wir müssen auf die Wünsche der Konsumenten besser reagieren können. Wenn zu viel Milch oder Fleisch auf dem Markt sind, dann sollte mir die Möglichkeit gegeben sein, meinen Betrieb auf Gemüsebau umzustellen. Hier steht uns das Umbruchverbot im Wege. Genauso ist es im Tourismus. Das Baugesetzbuch verhindert z.B. dass bei fehlendem Flächennutzungs- und Bebauungsplan ein naturnaher Campingplatz im Außenbereich entstehen darf.

Dass für Erholung in Deutschland, und speziell in der freien Natur ein riesiger Nachfragebedarf besteht, das habe ich vergangenes Jahr festgestellt. Diese Nachfrage ist keine vorübergehende Erscheinung. Sie ist ein Trend und eine Marktnische, die wir unbedingt nutzen sollten.

Weiteren staatlichen Förderungen stehe ich skeptisch gegenüber. Wir begeben uns in eine immer stärkere Gängelung und Abhängigkeit. Aus meiner Sicht wäre es vernünftiger uns Landwirten(innen) Tätigkeiten im Umweltschutz und die CO2 Bindung zu honorieren. In Form von Humusaufbau und nachhaltiger Forstwirtschaft leisten wir einen deutlichen Beitrag zum Klimaschutz. Diese Leistung wird von den Konsumenten geschätzt, und darüber wird es wenig neidvolle Diskussionen geben.

Ein wichtiger Baustein zum Erhalt unserer Höfe ist sicherlich das Gesetz zum Verbot des Verkaufes unter dem Einstandspreis. Die ständigen Rabattschlachten um das billigste Fleisch und die günstigste Butter muss ein Ende haben. Uns allen muss bewusst werden, dass das Größenwachstum an seine Grenzen gestoßen ist. Es sollte unser aller Bestreben sein, für faire Erzeugerpreise zu kämpfen.

Von der Politik erwarte ich weiterhin eine längere Beständigkeit ihrer Entscheidungen. Besonders deutlich wurde dies beim Boom und der Goldgräberstimmung von Biogas und Fotovoltaik. Hier blieb viel verbrannte Erde übrig…

Politiker(innen) sollten sich deutlich hinter die Ohren schreiben, dass wir Landwirte(innen) in die Entscheidungen mit einbezogen werden wollen.

Was in der letzten Zeit passiert ist – sprich Volksbegehren ‚Rettet die Bienen‘, Düngeverordnung, Rote Gebiete, Verschärfung des Baurechts – das alles überfordert uns mittlerweile. Viele Entscheidungen wurden über unsere Köpfe hinweg gefällt. Einwände, die dafür gesorgt hätten, dass die Vorgaben praktisch und finanziell umsetzbar sind, die wurden teilweise ignoriert. Dieser Umstand führt zu dem Frust, der momentan draußen auf den Höfen vorherrscht.

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