Im Gespräch mit den Gewinnern des DLG Agri Influencer Awards 2022
Zugegeben, es ist schon fast drei Monate her, dass die DLG im Rahmen des Young Farmers Day auf der EuroTier die drei Gewinner des neuen Social Media-Preises „DLG Agri Influencer Award“ gekürt hat. Von den zehn Nominierten wurden Annemarie Paulsen als „Best Newcomer 2022“, Amos Venema als „Best Blogger 2022“ und Thomas Andresen als „Best Influencer 2022“ ausgezeichnet.
Aber, „was lange währt“ (…) – schließlich sollten die Drei das Ganze erst mal sacken lassen, bevor wir ein schriftliches Interview mit ihnen führten. Zudem hatten sie in den vergangenen Wochen auch einige Anfragen anderer Medien zu erledigen.

Nicht ganz vollständiges Gruppenbild mit den Preisträgern und Nominierten des DLG Agri Influencer Awards 2022: Von links oben nach rechts unten: Annemarie Paulsen (Best Newcomer), Michel Allmrodt, Thomas Andresen (Best Influencer), Magdalena Zintl, Gesa Ramme, Freya von Czettritz (DLG), Bernhard Barkmann, Amos Venema (Best Blogger), Anne-Mari Tarkkio, Stefan Cramm (Junge DLG), Heike Zeller (Vorsitz Jury) und US-YouTuber Derek Klingenberg, der “zufällig” auch auf der EuroTier 2022 war. Nicht auf dem Bild sind die zwei Nominierten Maria Pezzone, die wegen Erkrankung leider nicht kommen konnte, und Sebastian Bützler, der sich von der Tanzfläche nicht rechtzeitig lösen konnte 😉
Was hat euch bewogen, in den sozialen Netzwerken aktiv zu werden?
Amos: Die sozialen Medien sind inzwischen ein ganz zentraler Meinungsbildner der Gesellschaft. Die Bedeutung dieser Plattformen nimmt bei den jüngeren Menschen immer weiter zu. Um Teil der öffentlichen Diskussion zu sein und sie mitgestalten zu können, müssen auch wir Landwirtinnen und Landwirte uns mit dieser Art der Kommunikation auseinandersetzen. Zudem sind die Aktivitäten in den sozialen Medien ein Türöffner in die Redaktionen der TV-Anstalten und Printverlage.
Annemarie: Ich wollte unbedingt die schönen Seiten des Landlebens zeigen. Des Weiteren bin ich in die Uckermark gezogen und fühlte mich etwas einsam und hatte gehofft, durch Social Media Kontakte zu knüpfen – was erfolgreich war.
Thomas: Alles begann mit der ZDF-Serie „Die Büffelranch“ und dem Gedanken, den Fernsehzuschauer auch abseits der Sendung zu zeigen, was wir auf unserem landwirtschaftlichen Betrieb so treiben. Die Sendung wurde eingestellt, Social Media aber blieb. Über die Jahre hat sich das Ganze dann immer weiterentwickelt. Neue Kanäle kamen dazu und neben der Arbeit auf den Betrieb habe ich mich auch das ein oder andere Mal zu politischen Themen geäußert.
Welche Zielgruppen habt ihr dabei im Fokus? In der Vermittlung zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft oder Landwirtschaft und Politik oder innerhalb der Landwirtschaft?
Thomas: Natürlich steht im Vordergrund, die landwirtschaftliche Arbeit dem Verbraucher näherzubringen und aufzuklären, wie die heutige moderne Landwirtschaft funktioniert. Aber auch neue Ideen in die eigene Branche zu tragen, spielt für mich eine große Rolle. Auch möchte ich zeigen, wie viel Spaß es macht, in der Landwirtschaft zu arbeiten. Stichwort Fachkräftemangel. Wenn darüber hinaus der ein oder andere Politiker auf meinen Kanälen neues Wissen erlangen kann, ist das ein positiver Nebeneffekt.
Amos: Ich habe keine klar definierte Zielgruppe, weil sich die Followerschaft immer wieder in alle Richtungen entwickeln kann. Bei mir ist jeder herzlich willkommen, solange der Umgang nicht respektlos und die „gute Kinderstube“ gewahrt wird.
Annemarie: Mein Zielgruppe sind in erster Linie Landwirtinnen und Landwirte , da meine Videos den Alltag und das Bauernleben etwas hopsnehmen. Dennoch habe ich viele Menschen, die mir folgen, einfach weil sie meine Videos witzig finden.
Woher holt ihr euch die Ideen für die Themen eurer Beiträge?
Annemarie: Die Ideen zu meinen Videos greife ich direkt aus dem Alltag und meiner eigenen Erfahrung als Bauernhofskind und als Bäuerin. Es gibt so viele Ereignisse im Alltag, die so witzig sein können.
Amos: Meine Ideen kommen häufig beim Melken beziehungsweise beim Lesen in den verschiedenen Medien – häufig aber sehr spontan und sehr zielgerichtet!
Thomas: Die Ideen kommen mir meistens sehr spontan. In der Regel bin ich bei der Arbeit und mir kommt der Gedanke, dass das, was ich gerade tue, eventuell ja interessant sein könnte. Dann versuche ich es so zu erklären, dass es auch jemand versteht, der überhaupt keine Ahnung von dem hat, was ich gerade tue. Man sollte das Ganze zusätzlich noch etwas unterhaltsam verpacken, um die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht zu langweilen.
Versucht ihr eure Kanäle über eure digitalen Follower hinaus zu bewerben?
Annemarie: Nein.
Thomas: Ich bin der Meinung, dass man Reichweite nicht erzwingen kann. Wenn der Community gefällt, was ich mache, ist das gut. Wenn das aber irgendwann nicht mehr der Fall ist, kann ich damit auch leben.
Amos: Dadurch, dass ich auf vielen Plattformen aktiv bin, sowohl analog als digital, ergeben sich immer wieder Synergieeffekte, die ich sehr gerne nutze. Zum Beispiel sind Standdienste auf Messen, Pressegespräche oder Vorträge eine willkommene Möglichkeit, „MyKuhTube“ und die Landesvereinigung der Milchwirtschaft in Niedersachsen mit ihren vielen Tätigkeiten und auch meine Arbeit bei den Menschen publik zu machen. Gerade diese breite Ansprache hat dazu geführt und führt dazu, dass wir – damit meine ich das gesamte MyKuhTube-Team – es geschafft haben, die landwirtschaftliche Blase zu verlassen und über die Hälfte der Interaktionen von außerhalb der Landwirtschaft kommt.
Wie viel Zeit investiert ihr in eure Arbeit als Influencer/Blogger/in?
Thomas: Der Zeitaufwand ist extrem schwierig zu bemessen. Es hängt immer davon ab, wie erfolgreich Videos auf den einzelnen Plattform laufen. Das Drehen der Videos selbst kostet mich nicht so wahnsinnig viel Zeit. Allerdings habe ich den Anspruch, Fragen in den Kommentaren auch zu beantworten und die Kommentarspalten der einzelnen Kanäle zu moderieren. Je nachdem, wie stark ein Video einschlägt, kann das Ganze schon mal zwei bis drei Stunden am Tag kosten.
Amos: Ist bei mir sehr schwer zu definieren. Im Schnitt eine Stunde am Tag.
Annemarie: Ähnlich viel, ich schätze ein bis zwei Stunden am Tag.
Versteht ihr euch als Sprecher/in eures Betriebes und/oder auch für die gesamte Branche Landwirtschaft?
Annemarie: Nein. Ich verstehe mich als jemand, der versucht, die schönen und witzigen Seiten des Hofalltags zu zeigen und somit ein wenig die hartnäckigen Stereotypen über die Landwirtschaft aufzubrechen.
Amos: Als Sprecher des Berufsstandes verstehe ich mich nicht. Dieser Anspruch übersteigt sehr deutlich meine Möglichkeiten, da ich weder ein gewähltes Mitglied eines Verbandes noch ein ernannter Vertreter einer Organisation bin. Ich bin eine unabhängige Stimme der Menschen vom Land, die sich als ein Puzzleteil in der sehr bunten und vielfältigen Berufswelt der Landwirtschaft, und auch außerhalb der Blase, Zuspruch mit einem breitem Spektrum an Themen zu verschaffen sucht, die sowohl politisch als auch persönlich emotional sein können.
Thomas: In erster Linie zeige ich die Arbeit auf meinem Betrieb und spreche für meinen Betrieb und für meine Ansichten. Allerdings bin ich mir durchaus bewusst, dass durch die große Reichweite ich auch als Sprachrohr der Branche gesehen werden kann. Daher sind für mich auch ein Abwägen von politischen Themen und eine genaue Wortwahl extrem wichtig.
Haben die sozialen Medien die Landwirtschaft verändert und wenn ja, wie?
Annemarie: Ich finde ja! Wir Landwirtinnen und Landwirte haben einen Kanal und Reichweite, wo wir selber entscheiden können, was und worüber wir sprechen wollen. Wir können aufklären, aufzeigen und mitnehmen. Außerdem erschaffen wir wieder eine Nähe – wenn auch nur digital – zu den Lebensmitteln und merken auch, wie unglaublich interessiert viele Menschen sind. Sie wollen alles genau sehen und sind wissbegierig. Ebenso fordern sie uns heraus und hinterfragen uns – was auch gut ist! Wir posten was und bekommen sofort ein Feedback. Man merkt es sofort, wenn man ein sensibles Thema angestoßen hat und lernt so viel über die Wahrnehmung in der Bevölkerung über die Landwirtschaft. Und vielleicht schafft es Social Media, wieder die Menschen näher an uns Bäuerinnen und Bauern zu bringen.
Thomas: Ich denke schon, dass die sozialen Medien einen Einfluss auf die Entwicklung der Landwirtschaft haben. Die Branche ist deutlich offener und selbstkritischer geworden und setzt sich mehr mit den Wünschen und Bedürfnissen der Gesellschaft auseinander. Immer wieder entdeckt man in den sozialen Medien Beiträge, in denen Berufskollegen die althergebrachte Techniken hinterfragen und neue Möglichkeiten ausprobieren.
Amos: Die Diskussion über die Landwirtschaft ist deutlich aggressiver und rücksichtsloser geworden. Die Geschwindigkeit der Lawinen an Themen hat deutlich zugenommen, da gerade die junge Politik und die NGOs diese Art der Kommunikation als ihren Standard entdeckt und professionell ausgebaut haben. Für die Landwirtschaft ist es eine Masteraufgabe dagegenzuhalten. Manchmal wird man diesbezüglich sehr an Don Quijote erinnert.
Ist bei euch etwas Erwähnenswertes durch die Verleihung des DLG Agri Influencer Awards passiert?
Annemarie: Der Preis hat mediales Interesse geweckt und es waren nun TV und Zeitung hier. Meine Followerzahl ist gestiegen, aber ansonsten ist alles so wie vorher!
Thomas: Tatsächlich wird man doch häufiger auf den Award angesprochen und es wird einem gratuliert. Außerdem hat es einige Anfragen von verschiedenen Medien zu meiner Arbeit gegeben.
Amos: Sehr viel Anerkennung und Wertschätzung.
http://www.instagram.com/biohof_paulsen
https://www.tiktok.com/@thomas_barslund
Links zu einigen Medienberichten:
- https://www.sat1regional.de/landwirt-aus-sillerup-fuer-social-media-erfolg-ausgezeichnet/
- https://www.nordkurier.de/brandenburg/wie-eine-baeuerin-im-internet-der-ganzen-branche-hilft-2251111701.html
- https://www.digitalmagazin.de/marken/agrarheute/rind/agrarheute-rind-2023-1/kurz-knapp/006_amos-venema-ist-bester-blogger-2022
- https://www.oz-online.de/artikel/1318392/Amos-aus-Ostfriesland-als-bester-Blogger-ausgezeichnet