Sie sind jung und weiß Gott NICHT naiv: Annika Ahlers und Phillip Krainbring stehen als “Erklärbauern” jedem Rede und Antwort, wenn man Fragen zur Landwirtschaft hat. Ihr Engagement in den Sozialen Medien hat beide unabhängig voneinander auch bekannt im klassischen TV, Rundfunk und Zeitungen gemacht. Phillip ist gelernter und studierter Landwirt mit 440 ha Ackerbau in der Magdeburger Börde sowie Ceres Award Preisträger 2019 in der Kategorie Ackerbau. Annika ist mit ihrer Ausbildung zur Landwirtin “bildlich gesprochen von den Pumps in die Gummistiefel gestiegen”.
Wie schafft man es mal so nebenbei und regelmäßig, seine Themen zu finden und die Community bei Laune zu halten? Plant ihr längerfristig, was ihr postet?
Das Ganze nimmt doch mehr und mehr Zeit in Anspruch, sodass wir mittlerweile nicht mehr von „nebenbei“ sprechen können. Aktuell ist es sehr unterschiedlich wie sich Themen oder Ideen entwickeln. Wir versuchen von den aktuell anfallenden Arbeiten zu berichten und damit Themen aufzugreifen, die unserer Meinung nach gut und wichtig sein könnten. Es kommen aber auch immer wieder direkte Fragen aus der Community, aus der Nachbarschaft oder von Freunden, die wir dann natürlich sehr gerne nutzen. Diese Fragen sind besonders wertvoll. So entwickelt sich auch mal ein Thema, auf das wir selbst nicht gekommen wären.
So unterschiedlich die Themenfindung läuft, so flexibel sind wir auch bei der Planung. Manche Dinge werden etwas längerfristig geplant und einiges wird auch ganz spontan auf den Weg gebracht. Absolute Priorität hat das die Themen die wir „erklären“ auch wirklich nachgefragt sind bei der Community, den nicht-Landwirten, denn wir wollen einen Mehrwert erzeugen und nicht auf blauen Dunst Themen bearbeiten die nicht nachgefragt sind.
Wie kam es, dass ihr euch zusammengeschlossen habt?
Wie im Interview auch beantwortet, bedeutet ein Blog zu betreiben ein enormer Zeitaufwand, und es galt schon immer die Devise „Gemeinsam kann man mehr erreichen“.
Das war auch unser Leitfaden, Phillip und ich haben schnell gemerkt, dass unsere Ansichten und Einstellungen zum Thema Landwirtschaft in eine ganz ähnliche Richtung gehen, und wir auch beide absolut offen sind für alternative, neue Ansätze. Zudem empfinden wir, dass die unterschiedlichen Standorte, von denen wir schreiben, von selbst Vielfalt mit in den Blog hineinbringen.
Nehmt ihr euch auch mal eine längere Auszeit und schaltet z. B. beim Smartphone die Datenverbindung ab? Die Dinger sollen ja regelrecht süchtig machen. 😉
Die Smartphones und Computer sind ja voll in unseren Alltag integriert. Oft brauchen wir diese Dinge ja nicht nur für die Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch für viele andere Dinge. Und sobald man die Dinger in der Hand hat, schaut man immer wieder auf den Social Media Kanälen und auf dem Blog vorbei. Von daher gibt es aktuell nicht wirklich Auszeiten davon. Ist aber definitiv ein Punkt, an dem wir arbeiten müssen. Oft ist es Fluch und Segen zugleich, die kurze Antwortzeit auf Social Media öffnet oft neue Türen aber dabei dürfen die realen nicht geschlossen werden durch zu wenig Zeit Zuwendung.
Wer Öffentlichkeitsarbeit betreibt, kann plötzlich im Rampenlicht einer größeren Öffentlichkeit stehen, z. B. durch Medienberichte oder Auszeichnungen wie den Ceres Award. Wie geht ihr damit um? Gibt es einen Punkt, an dem euch Popularität zu viel ist?
Ob Popularität zu viel wird, lässt sich nicht pauschal beantworten. Ich denke, dass jeder für sich entscheiden muss wie weit man gehen möchte. Wobei ich denke, dass wir von einer Art Popularität noch weit weg sind 😉 Aber wir sind zum Teil schon in den Fokus gerückt. Da gibt es wirklich viele schöne Momente, die wir auch genießen. Aber es ist auch wichtig sich ein dickes Fell anzulegen. Sobald man etwas nach vorne tritt und Aufmerksamkeit bekommt, melden sich auch ganz schnell die Neider und Kritiker. Viele Äußerungen darf man nicht all zu ernst nehmen. So lange es konstruktiv ist, nehmen wir es auch gerne an. Sobald es aber unsachlich wird oder in Richtung Beleidigung geht, gehen wir gar nicht weiter darauf ein. Man lernt sehr schnell seine Kraft und Zeit sinnvoll einzusetzen.
Wir finden es allerding sehr bedenklich und auch schade, dass viel unsachliche Kritik und ähnliches aus der eigenen Branche kommt. Doch auch daraus zieht man seine Konsequenzen und geht seinen Weg. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Punkt auch die Bewertungsfreude der Mitmenschen, all das was wir tun wird gerne auch ungefragt bewertet und eingeordnet in gut oder nicht gut, die Dauerhafte „Benotung“ darf man nicht zu persönlich an sich ran lassen.
Aus den Sozialen Netzwerken ging 2019 die Bewegung Land.schafft.Verbindung hervor, die politischen Aktivismus der Landwirtschaft mit Schlepperdemos, Mahnfeuern und Flashmobs auf der Straße sichtbar machten. Wie kann bei solchen Aktionen ein konstruktives Gespräch mit den Verbrauchern entstehen? Wie verständlich sind die Botschaften der Bewegung? Habt ihr Tipps für die Teilnehmenden?
Wir waren wirklich beeindruckt von der Bewegung und von den Aktionen, die daraus entstanden sind. Dieser Zusammenhalt tat uns allen einfach mal gut. Und unserem Eindruck nach hat es auch schon einiges bewirkt in punkto Medienwirksamkeit und Landwirtschaft in aller Munde. Doch der Austausch mit dem Verbraucher ist eine große Herausforderung und war hier, durch die Größe und die kurze Zeit nicht immer gegeben. Uns fehlte/ fehlt eine klare Zielformulierung, eine Aussage „Warum“ klar formuliert an die Verbraucher. Die Botschaft an die Politik war klar und hier wurden ja auch viele Papiere erarbeitet und an die Politik überreicht. Doch von den Verbrauchern haben weniger verstanden, warum die Landwirte auf die Straße gegangen sind. Von den Verbrauchern kennt kaum jemand die Düngeverordnung o.ä. genauer und so entstanden u.a. Aussagen wie „…Landwirte demonstrieren gegen Umweltschutz.“
In Zukunft sollten hier kurze prägnante Botschaften nur für die Verbraucher erarbeitet werden. Aussagen, die ohne Fachbegriffe erklären was das/die Anliegen sind.
Welches Fazit zieht ihr für 2019 in Bezug auf eure und allgemeine Aktivitäten der Branche im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für die Landwirtschaft?
2019 war für uns fast unbeschreiblich. Wir durften viele tolle Menschen kennenlernen, viele Events besuchen, hatten tolle Dialoge mit Verbrauchen und intensive Gespräche mit Politikern. Man hätte auch gut 2-3 Jahre daraus machen können. Das Jahr hat uns auf jeden Fall motiviert und ganz klar bestärkt unseren Weg weiter so zu gehen.
Phillip: Sehr gefreut habe ich mich über viele Junge Landwirte/ Landwirtinnen, die richtig Bock auf Öffentlichkeitsarbeit haben, nach vorne gehen und ein super Bild nach außen tragen.
Annika: Phillips Freude teile ich absolut, das Interesse an Öffentlichkeitsarbeit und Machern in dem Bereich ist erfolgreich nach oben gegangen außerdem durfte ich in 2019 in Kombination mit Anni´s Bauernbox, Landwirtschaftliche Storys zu Tisch bringen und direkten Dialog vor Ort bei mir in Münster führen. In Punkto Regionalität, nachhaltiger Konsum und Bewusstsein hat 2019 einen riesen Schritt zurück gelegt und damit Anlauf genommen für einen großen Sprung nach vorn in 2020.

“Jetzt hab ich den Leuten grad dreimal im Video erklärt, warum die Rüben hier so schlapp aussehen. Man hab ich jetzt nen Durst!”
Links:
www.erklaerbauer.de
www.facebook.com/erklaerbauer/
www.instagram.com/erklaerbauer/
www.facebook.com/Ackerbauer.Phillip.Krainbring/
www.instagram.com/phillip_krainbring/
Videos (Auswahl):
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/hier-und-heute/video-die-erklaerbaeuerin-100.html