
Greg Peterson, Farmersohn aus Kansas, USA
Auch in den USA bloggen mehr und mehr Landwirte über ihre Arbeit und warum sie Landwirtschaft so betreiben, wie sie heute ist. Greg Peterson beschreibt seine Perspektive zu Tierschutz in der Nutztierhaltung. Hier die deutsche Übersetzung seines Blogbeitrages vom 30. November 2014.
Der Mensch: Viele Menschen leben ein Leben im Wohlstand. Gleichwohl gibt es gegenwärtig auf dieser Welt mehr menschliches Leid als viele meinen. Nach wie vor gibt es auf dieser Welt 30 Millionen Sklaven, von denen 80% sexuell ausgebeutet werden. Drei Milliarden Menschen leben in Armut. 1,3 Milliarden hiervon müssen am Tag mit weniger als 1,25 USD auskommen. 870 Millionen Menschen sind chronisch unterernährt. Jedes Jahr erleben vier Millionen Frauen häusliche Gewalt, und jedes Jahr werden drei Millionen Kinder misshandelt oder missbraucht. 3,5 Millionen Menschen in den USA sind obdachlos. Außerdem erleiden Tag für Tag Millionen von Menschen eine körperliche oder psychische Erkrankung, eine Verletzung oder ein emotionales Trauma.
Landwirtschaftliche Nutztiere: In den USA werden mehr als 10 Milliarden landwirtschaftliche Nutztiere gehalten. Diese Nutztiere (zu denen auch die Tiere in sogenannten “Massentierhaltungen” zählen) werden ausreichend gefüttert und getränkt. Landwirtschaftliche Nutztiere sind weder obdachlos noch unterernährt und sie werden auch nicht sexuell missbraucht. Den größten Teil ihres Lebens verbringen sie fressend, liegend oder schlafend. Die meisten von ihnen sind vor Raubtieren, rauer Witterung und vor den eigenen Artgenossen geschützt (Machtkämpfe können zu Verletzungen oder zum Tod führen). Jeder Nutztierhalter ist bestrebt, den Stress der Tiere zu minimieren, um einen möglichst hohen Produktionszuwachs zu erzielen. Zwar werden alljährlich einige wenige Fälle der Misshandlung landwirtschaftlicher Nutztiere bekannt, jedoch ist dies gewiss nicht die Norm und gilt in Fachkreisen als äußerst selten. Die Mehrheit der Nutztierhalter kümmert sich besser um seine Tiere als manche Eltern sich um ihren Nachwuchs kümmern. Ähnlich wie der Mensch erkranken und verletzen sich auch landwirtschaftliche Nutztiere, jedoch tun die Nutztierhalter und die Tierärzte alles in ihrer Macht Stehende, um den Ursachen des Leidens vorzubeugen. Nun werden viele einwenden, dass landwirtschaftliche Nutztiere ihre Leben doch im Schlachthof beenden, jedoch sind die heutigen Schlachtverfahren so artgerecht wie möglich (nämlich schmerz- und stressfrei), und durch das Schlachten der Tiere werden Lebensmittel und Nebenprodukte für Millionen von Menschen auf der ganzen Welt gewonnen.
Wildtiere: Wildtiere verbringen ihr ganzes Leben damit, nach Nahrung und Wasser zu suchen. Sie leiden ebenso wie der Mensch und landwirtschaftliche Nutztiere unter Krankheiten, Verletzungen und Schmerzen. Vor Wetterunbilden müssen sie sich selbst schützen. Jedes Wildtier, das nicht an der Spitze der Nahrungskette steht, läuft Gefahr, von einem Raubtier gerissen und gefressen zu werden und/oder in Machtkämpfen von Artgenossen getötet zu werden. Jedes Jahr sind Tausende von Tierarten durch das Handeln des Menschen (der Städte, Straßen, Fabriken usw. baut) vom Aussterben bedroht. Millionen von Tieren leiden und sterben in der freien Natur. Vom Tod der (nicht von Jägern erlegten) Wildtiere hat der Mensch keinen Nutzen im Sinne der Gewinnung von Lebensmitteln oder Nebenprodukten.
Haustiere: Ähnlich den landwirtschaftlichen Nutztieren führen die meisten Haustiere ein überaus komfortables Leben. Für Haustiere wird mit Futter, Wasser, Gesundheitsversorgung und Schutz vor Witterungseinflüssen gesorgt. Den größten Teil ihres Lebens verbringen Haustiere mit Herumliegen in einer stressfreien Umgebung. Allerdings werden jährlich sechs bis acht Millionen Haustiere in Tierheimen abgegeben und drei bis vier Millionen hiervon werden jährlich euthanasiert. Vom Tod dieser Haustiere hat der Mensch keinen oder nur wenig Nutzen im Sinne, dass er sich von ihnen ernähren oder andere Produkte aus ihnen erzeugen könnte.
Fazit: Wir leben in einer Welt, die von Leid geplagt ist. Wir sollten alles in unserer Macht Stehende tun, um das Leiden einer jeden Art auf dieser Welt zu verringern bzw. zu vermeiden. Hierbei müssen wir jedoch darauf achten, was vorrangig ist:
- Wir sollten uns bestmöglich um unsere Haustiere kümmern – gleichwohl stellt ihre Haltung eher einen Luxus denn eine Notwendigkeit dar. (Von einem lebenden oder toten Haustier werden keine Erzeugnisse für den Menschen gewonnen.)
- Wir sollten unser Bestmögliches tun, um die Umwelt und die Ökosysteme, in denen Wildtiere leben, zu schützen – aber wie können wir das Leiden der Lebewesen in der freien Natur mindern? (Die freie Natur ist zwar wild und schön, aber auch gefährlich und grausam.)
- Von allen hier genannten Lebewesen erträgt der Mensch das meiste Leid und erfährt den meisten Missbrauch. Das macht mich überaus traurig. Wir sollten uns so gut wie möglich um uns selbst kümmern, und anstatt auf unseren eigenen Vorteil bedacht zu sein, sollten wir uns eher mit der Frage befassen, wie wir anderen Menschen helfen können. Die Minderung des menschlichen Leids sollte absolut vorrangig sein!
- Von allen hier genannten Lebewesen leiden die landwirtschaftlichen Nutztiere hingegen am wenigsten. Jedoch beklagen so viele Menschen nachdrücklich die Behandlung dieser Tiere. Warum begehren sie nicht wegen des menschlichen Leids auf? Warum treten nicht mehr Personen für die Sache des Menschen ein? Natürlich kann die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere noch weiter verbessert werden, und dieses Potential sollte ausgeschöpft werden. Es ist jedoch unrealistisch, in einer Welt, die nicht perfekt ist, eine perfekte tierische Erzeugung (in ihren diversen Ausprägungen) zu erwarten. Dank der landwirtschaftlichen Nutztiere können überhaupt Milliarden von Menschen mit Lebensmitteln und Nebenprodukten versorgt werden, und sehr viele Menschen verdanken ihr Einkommen und ihren Arbeitsplatz der Viehwirtschaft. In von Armut geprägten Ländern sind es die landwirtschaftlichen Nutztiere, die durch ihr Leben (und zwangsläufig ihren Tod) das Überleben vieler Menschen sicherstellen.
Es dürfte weitgehend Einigkeit darüber bestehen, das das Leben eines Menschen mehr wert ist als das Leben irgendeiner anderen Kreatur auf dieser Welt. Aber selbst diejenigen, die diese Auffassung nicht teilen, müssen doch einsehen, dass man beim Menschen anfangen muss, wenn man das Leid auf dieser Welt mindern will. Wir müssen bei uns selbst anfangen!
(Greg Peterson)
Peterson Farm Brothers über die Peterson Farm Brothers:
„Wir sind Greg (24), Nathan (21), Kendal (18), und “Brüderin” Laura (14) Peterson und nennen uns die “The Peterson Farm Bros”. Zusammen mit unseren Eltern leben wir auf einer Farm in der Nähe von Assaria, Kansas.
Es gibt viele Missverständnisse über moderne Landwirtschaft, und wir sehen es als unsere Berufung an, zu helfen und einige dieser Missverständnisse aufzuklären. Neben unseren Aktivitäten auf Social Media reisen wir im ganzen Land herum und erzählen Berufskollegen, wie man heutzutage für die Landwirtschaft Öffentlichkeitsarbeit machen kann.
Wir bloggen auch über missverstandene Themen in der Landwirtschaft und haben unsere Farm für Besichtigungen geöffnet. Durch all dies hoffen wir, dass wir die Öffentlichkeit aufklären können, woher ihre Nahrung kommt und wie eine echte Family-Farm im mittleren Westen der USA aussieht!
Wir haben unterhaltsame aber auch lehrreiche Videos für unseren YouTube-Kanal gedreht und veröffentlichen diese regelmäßig über Landwirtschaft auf unseren Social-Media-Seiten (Facebook, Twitter und Instagram).
Seitdem wir auf Social Media den Menschen etwas über Landwirtschaft erzählen, mussten wir feststellen, dass es dringend notwendig ist, den Menschen alles zu erklären, was wir in der Landwirtschaft tun.“ (Quelle: www.petersonfarmbros.com)
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Auch wenn der Artikel in meinen Augen betreffend der Landtiere etwas zu stark positiv gefärbt ist, stimme ich in einem Punkt völlig zu: Bevor man sich über den Schutz der Tiere oder ihr Schicksal beschwert, sollte man sich eher für die Menschen einsetzen, deren Leid überall im Offenen oder im Stillen tagtäglich geschieht und andauert.
Das sage ich auch, wenn mich Menschen in der Fußgängerzone ansprechen, die für Tierrechtsorganisationen werben oder Geldspenden einziehen möchten. Wenn wir auf unsere Mitmenschen achten und sie hochhalten, kann die Welt eine bessere werden und die guten Taten potenzieren sich.
Im Gegensatz dazu kann ich Menschen, die mit vollem Einsatz für die Tiere da sind, und dabei das Leid anderer Menschen ignorieren, einfach nicht verstehen.
Solange die Tiere in der Landwirtschaft eine gute Unterkunft und Ernährung haben und ihr Tod auch einem sinnvollen Zweck dient (Ernährung von Menschen), kann man sich nicht ernsthaft darüber beschweren. Ich meine, wer kann verlangen, Nutztiere freizulassen, während anderswo Menschen hungern?