Das Verbands-Debakel – Ist der ADAC erst der Anfang?

ADAC in der Krise

ADAC in der Krise Foto: Schleeh

Eingetragener Verein

Der ADAC ist eigentlich ein Verein, ein eingetragener. Aber inzwischen zu einem Wirtschaftsimperium heran gewachsen. Die Strukturen eines Vereins passen nicht zu dem Auftreten des Konglomerats in der Form eines Konzerns. Das wurde dem ADAC-Präsidenten Peter Meyer in der Sendung von Günther Jauch am Sonntag vorgeworfen. Inzwischen sucht die gesamte deutsche Presse nach weiteren Skandalen und Skandälchen innerhalb des ADAC. Immer mehr dringt an die Öffentlichkeit.

Verein oder Verband?

Ein Verein ist ein Zusammenschluss von Menschen mit gleichen Interessen und / oder Absichten. Der Verein wird gegründet und eingetragen und dient per se dem Zweck, diese Interessen nach außen und innen zu vertreten. Egal ob das die sportliche Ertüchtigung, die gegenseitige Hilfe im Straßenverkehr oder die Vertretung der Interessen einer Berufsgruppe sind. Wenn Vereine überregional vertreten sind und eine Struktur mit Ebenen haben, spricht man von einem Verband, was aber rechtlich gesehen das gleiche ist.

Hierarchie versaut die klare Sprache

Allein durch die Hierarchie schwindet in einem Verband die Nähe zur Basis und das Engagement. Die Aggregation der Interessen über ein ganzes Land oder darüber hinaus, zwingt zu einer unverbindlichen oder allgemeingültigen Sprachregelung, um in den angeschlossenen Vereinen und deren unterschiedlicher Interessenlage keinen Aufruhr zu erzeugen. Hohe Verbandsfunktionäre pflegen deshalb häufig eine sehr politische und eher unverbindliche Sprache. Genau wie in der Politik erzeugt das an der Basis häufig einen mehr oder weniger großen Widerwillen.

Geld und Rechtfertigung

Das führt dazu, das die Verbandsspitze versucht der Basis ständig klar zu machen was ihre Daseins-Berechtigung ist. Gemeinsame äußere Feinde helfen hier genauso, wie niedrige Beiträge oder Vorteile, die der einzelne Basisverein oder das einzelne Mitglied nicht selbst erreichen kann. Deshalb hat heute fast jeder Verband eine eigene GmbH in der er Geschäfte zu machen versucht, die auf der einen Seite Geld bringen und auf der anderen Seite den Mitgliedern Nutzen stiften. Im Prinzip ist dabei das Kapital des Verbandes die Datenbank mit den Mitgliederdaten und der direkte Zugang über die Struktur. Der Vereinszweck bietet zusätzlich die Möglichkeit die Bereiche der GmbH-Tätigkeit sehr schnell heraus zu finden. Im Falle des ADAC waren es Versicherungen und Reise-Dienstleistungen.

Tochtergesellschaften denken an sich und nicht an Mitglieder

Durch lukrative Geschäfte, die alleine durch die Bündelung der Marktmacht der angeschlossenen Mitglieder möglich sind, werden von pfiffigen Verbänden zusätzliche Einnahmequellen über den Mitgliedsbeitrag hinaus erschlossen. Oft wird das erwirtschaftete Geld nach einiger Zeit zum Selbstzweck. Der Verband wird aus Sicht der GmbH-Macher oft nur noch als lästiger Blutsauger angesehen. Die Vorstände des Verbandes sind dann häufig in ihrer Doppelfunktion als Verantwortliche im e.V. und als Aufsichtsräte in den Tochtergesellschaften überfordert oder noch schlimmer, sie verwechseln ihre Aufgaben und Funktionen.

Überforderte Vorstände

Aus dieser Überforderung und sich dazu gesellender Selbstüberschätzung, der von den abhängigen GmbH-Angestellten gebauchpinselten Verbands-Königen, kann es dann zu solchen Auswirkungen wie beim ADAC kommen. Die geschönten Ergebnisse der Wahl zum gelben Engel sind dann nur Randerscheinungen. Ob dafür wirklich nur der geschasste Leiter der ADAC-Öffentlichkeitsarbeit, Michael Ramstetter verantwortlich war, wissen nur die Insider. Dem ADAC-Präsidenten können die mickrigen Zahlen sicher nicht gefallen haben, so er sie vorher zu sehen bekommen hat.

Wege aus dem Verbands-Debakel

Erstens Transparenz schaffen!

Eine häufige Forderung der Basis in Verbänden ist Transparenz. Nur mit Transparenz und der Diskussion die daraus entsteht kann sich ein Verband an der Spitze sicher sein, das er das Richtige für die Mehrheit seiner Mitglieder tut. Heute ist das aus technischer Sicht viel einfacher zu machen, als noch vor zehn Jahren.

Die Ankündigung von Peter Meyer, nach dem Debakel alles lückenlos mit Hilfe externer Berater aufzuklären, kommt beim ADAC zu spät. Das nehmen ihm die Mitglieder nicht mehr ab. Das Festhalten der alten Führungstruppe an den Posten zeigt, dass sie nichts verstanden haben. Man wird sie früher oder später aus dem Amt jagen. Die richtige Reaktion wäre, zurückzutreten und sich für eine saubere Übergabe an eine neue unbelastete Führung zur Verfügung zu stellen. Da sind wir beim zweiten Thema.

Zweitens Macht abgeben!

Gebt den Mitgliedern die Macht, beteiligt sie an den Entscheidungen. Lasst sie mehrheitlich und demokratisch entscheiden. Passt gut zur Transparenz!

Drittens, Demut an der Spitze!

Nur eine Verbandsführung, die sich selbst als Dienstleister der Mitglieder sieht, ist in der Zukunft noch in der Lage sich adäquat für die Basis zu engagieren. Die Interessen der Mitglieder gehen vor. Selbst wenn das irgendwann sogar die Auflösung des Verbandes bedeuten sollte.

Zu diesen Zersetzungs-Erscheinungen bei großen Verbänden kommt es durch den digitalen Wandel. Heute ist es einem einzigen Insider möglich, selbst große Institutionen in Schwierigkeiten zu bringen. Ob das Edward Snowden bei der NSA oder ein verärgerter Mitarbeiter beim ADAC ist. Unangenehme Fakten lassen sich heute sehr schwer über einen längeren Zeitraum unter den Teppich kehren. Der Kontrollverlust ist auf beiden Seiten vorhanden, wie Michael Seemann postuliert. Sein bald erscheinendes Buch “Das neue Spiel – Nach dem Kontrollverlust” sollten alle Verbandsführer lesen.

Schlaue Verbände bereiten sich auf die neuen Spielregeln vor und streben von selbst eine innere Erneuerung an. Die anderen wird der Kontrollverlust irgendwann dazu zwingen. Besser rechtzeitig vor einem Skandal, wie ihn der einst so geschätzte und vertrauenswürdige ADAC momentan durch machen muss.

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